Leitprojekt-Konzept
Geschichte und Auftrag des archäologischen Freilichtmuseums
Im nördlichen Teil des Landkreises Lüchow-Dannenberg (Niedersachsen) inmitten des Biosphärenreservats „Niedersächsische Elbtalaue“ finden wir die Stadt Hitzacker (Elbe). Bereits 1969 entdeckte man am südlichen Rand des Kneippkurortes erste Spuren einer vorgeschichtlichen Siedlung. Zum Ende der jüngeren Steinzeit – vor mehr als 4.000 Jahren – siedelten hier die ersten Menschen und wohnten während der gesamten Bronzezeit am Zusammenfluss von Jeetzel und Elbe. Genau dort befindet sich heute das „Archäologische Zentrum Hitzacker” (AZH). Auf dem 1,5 Hektar großen Gelände öffnete 1990 ein besonders familienfreundliches Freilichtmuseum. 1:1 entstanden, aufgrund der Ergebnisse der Ausgrabungen vor Ort, drei Langhäuser, ein Grubenhaus, ein Totenhaus sowie viele Stationen zu den Themen Handwerk, Landwirtschaft, Umwelt und Kult. Kinder, Jugendliche und Erwachsene können hier mit allen Sinnen erfahren, wie das Leben in der Stein- und Bronzezeit gewesen sein mag.
Leitprojekt „Leben in der Bronzezeit“
Die Kreisläufe der Erde – Luft, Wasser, Gesteine – umfassen und berühren den gesamten Planeten. Diese mit Kindern und Jugendlichen zu erforschen, zu verstehen, die Informationen so aufzubereiten, dass sie sie auch anwenden können – diesem Auftrag hat sich das Projekt „Geosystem Erde“ verschrieben. Doch wie kann das Leitprojekt „Leben in der Bronzezeit“ diesen Auftrag befördern? Das geschieht im Archäologischen Zentrum Hitzacker im Rahmen seines pädagogischen Ansatzes. Ziel ist es, das Gesamtbewusstsein für die immanenten Wechselbeziehungen zwischen Mensch, Umwelt und Technik zu stärken, um die Besucher zu befähigen, sich mit den kulturellen, sozialen, ökonomischen und ökologischen Prozessen auseinandersetzten und sich selbst im Leben verorten zu können und teilzuhaben an den zukünftigen Entwicklungsprozesse der Welt-Gesellschaft (ganzheitlicher und handlungsorientierter Ansatz).
Der Mensch lebt seit jeher in einer Wechselbeziehung mit seiner naturräumlichen Umwelt: abhängig von den vorhandenen natürlichen Ressourcen richtet er sich sein Leben ein. Sind beispielsweise viele Steine vorhanden baut er sich seinen Wohnraum aus Stein (wie auf den Orkney-Inseln). Ist Wald vorhanden, entstehen die Wohngebäude primär aus Holz (wie in Hitzacker). Durch die Sesshaftwerdung des Menschen in der Jungsteinzeit benötigt er viele Bäume für Arbeitsgeräte, Wohnhäuser und in der Bronzezeit auch für Holzkohlegewinnung. Er lichtet die Wälder auf, schafft freie Landschaften für Siedlungen und Felder. Viehbeweidungen verhindern eine Wiederbewaldung.
Im Ergebnis entstehen zum Ende der Bronzezeit die ersten anthropogen bedingten Dünenlandschaften und die ersten Flächen mit Calluna-Vegetationsgesellschaften (heutiges Beispiel: die Lüneburger Heide). Böden verarmen durch Auswaschung der Nährstoffe und letztendlich wandern die Menschen nach 1.300 Jahren Besiedlung aus ihrem Siedlungsbereich in Hitzacker ab. Diese Informationen kann man in einem einstündigen Vortrag gut vorstellen. Doch leider bleibt dieses Wissen nicht immer nachhaltig erhalten. Insbesondere Menschen mit einer kürzeren Aufmerksamkeitsspanne können sie nicht komplett aufnehmen und für sich verwerten. In unserer nun über zwanzigjährigen Erfahrung auf diesem Bereich haben wir gelernt, dass die aktive Beteiligung der Lernenden in der Vermittlung von Erkenntnissen, das Anhalten zum selbständigen Arbeiten und die Ermöglichung eigene Erfahrungen durch Einbindung aller Sinne zu machen, einen sehr viel nachhaltigeren Lernerfolg beinhaltet.
Die Informationen zu einem bestimmten Themenkreis (Hausbau, Ernährung, Werkzeugherstellung, etc.) werden im archäologischen Freilichtmuseum fächerübergreifend miteinander vernetzt (Biologie, Geologie, Geographie, Physik, Mathematik, etc.). In der spielerischen Auseinandersetzung mit der Thematik erproben die Kinder und Jugendlichen ihr angeeignetes Wissen und ihre eigenen Fähigkeiten und darüber hinaus auch ihre sozialen Kompetenzen. Einige Module verlangen eine Teamfähigkeit, andere wiederum erfordern selbständiges Handeln. Im Team lernen die Teilnehmer aber auch, dass jedes Teammitglied wichtig ist und Verantwortung für sein Handeln übernehmen muss (z. B. Einbaum fahren: alle sitzen in einem Boot und nur zusammen geht es vorwärts). Aufgaben, mit denen wir im Alltag nicht vertraut sind (z. B. Bogenschießen) und die wir trotzdem bewältigen fördern das Selbstvertrauen. Durch die praktischen Tätigkeiten helfen wir, die haptischen und motorischen Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen auszubauen.
„Verstehen und Behalten“ ist die Basis von „sinnvollem Anwenden“. „Be-greifen“ die Lernenden, die Zusammenhänge „im Kleinen“, werden sie nachhaltig in die Lage versetzt diese Informationen auch für ihr eigenes Handeln heranzuziehen. Auch wir sind heute nicht frei von den Kreisläufen, die die Erde umspannen. Auch wir sind heute vor Probleme gestellt, die mit dem menschlichen Handeln verflochten sind (Bodenverarmung, Klimaänderung, Wasserwirtschaft, etc.), die wiederum Reaktionen des menschlichen Tuns hervorrufen, die unsere ganze Welt beeinflussen.
Wir glauben, dass diese Form des nachhaltigen Lernens eine wichtige Grundlage bildet für die verantwortungsvolle Bewältigung von zukünftigen Problemen – für sich selbst und im globalen Sinne.
Aktionsprogramm „Abenteuer Bronzezeit II“
Unser museumspädagogisches Angebot beinhaltet interaktive Elemente, die Kindern aller Altersstufen einen handlungsorientierten Ansatz bieten. Von unseren erfahrenen Mitarbeitern wurden mit Sachbezug und in Abstimmung mit den Kerncurricula, entsprechend den jeweiligen Voraussetzungen und Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen u. a. das Aktionsprogramm „Abenteuer Bronzezeit II“ entwickelt.
Das Programm beginnt mit einer altersgerechten verbalen Einführung in die Thematik „Steinzeit und Bronzezeit“. Dabei lernen die Besucher das Museum und die Materie kennen. Den Abschluss der Einführung bildet das Entzünden eines Lagerfeuers mit Mineralien, die die vorgeschichtlichen Menschen bereits nutzten: Pyrit und Feuerstein. Auf dem Lagerfeuer wird ein Früchte- und Kräutertee (kontrollierter biologischer Anbau) aus Pflanzen, die für die Bronzezeit nachgewiesen sind. Dann starten die individuell Praxis- Module.
- Lehmflechtwand bauen (Team orientierter Ansatz)
- Getreide mahlen auf Steinmühlen (Selbständigkeit); Teig herstellen und im Lehmkuppelofen backen (Team orientierter Ansatz)
- Geräte aus Feuerstein herstellen (Selbständigkeit)
- Bogenschießen (Selbständigkeit)
- Einbaum fahren (Team orientierter Ansatz)
Den Abschluss bildet immer eine gemütliche Runde am Lagerfeuer mit selbstgebackenen Brötchen und Tee, bei dem noch einmal zusammengefasst und reflektiert wird.